Motorrevision Simosn Habicht, SR 4-4, Bj. 1974
Am Wochenende vom 12.-14.11.2010 war nun auch mein Motor aus dem Habicht an der Reihe. Da der gesamte Antriebsblock noch die alte originale Lagerung hatte war es nun doch mal an der Zeit, diese zu tauschen.
Hier sieht man schön, wie sich doch mit der Zeit die Verschmutzungen festsetzen. Vorallem natürlich an dem Kettenritzel und auf der anderen Seite an dem Kupplungsdeckel- Wellendichtring.
Nicht ganz ohne Grund, da sich auf den letzten Kilometern schon einige Geräusche einstellten, die vorher nicht da waren und demzufolge da auch nicht hingehörten ;).
Dieser Vermutung also folgend bauten wir die Maschine am Freitag Abend aus dem Fahrzeug aus und zerlegten im Anschluss den ganzen Motor-Getriebe- Block.
Der Vorteil einer solchen Motorinstandsetzung ist, dass man zur Reinigung sämtlicher Bauteile super rankommt- sei es im/am Rahmen des Fahrzeugs als auch an das Motorgehäuse selbst.
So sieht man den Guten mal ohne Motor ;). Das Herz steht also schon auf der Werkbank.
Bevor man aber eine solche Reparatur startet, ist es zweckmäßig sich alle möglichen Teile vorher ins Ersatzteilregal zu legen oder zumindest noch einen zweiten Ersatzteilspender- Motor zu haben.
Erstens kommts anders und zweitens als man denkt *smile*. Ich habe den Großteil der zu erneuernden Teile bei AKF bestellt (Automobile-Krafträder-Fahrzeugteile, Bautzen). Die sind da sehr fair, schnell und haben auch vernünftige Qualität.
Man nehme also für einen solchen Habichtmotor (M54-11KFL) folgende Teile für eine Komplettinstandsetzung:
Kurbelwelle (übrigens Baugleich mit denen der S50- Reihe, 1Stck)
neue Kupplungsscheiben (Reiblamellen, 4Stk)
Kupplungsscheiben Metall (3Stk)
Lagersatz komplett (2×6303 Kurbelwellenlager, 1×6203 Abtriebswelle rechts, 1×6201 Kupplungswelle links, 1×6302 Abtriebswelle links und 1×6000 Kupplungswelle rechts)
Dichtungssatz (vor allem die Qualität der „Mitteldichtung“ der beiden Gehäusehälften ist sehr wichtig, weil man da nur sehr schwer rankommt und die auch das Kurbelgehäuse abdichtet)
Simmeringsatz- Satz [Neudeutsch: Radialwellendichtringe; 2xD22x47x7 Kurbelwelle, 1xD20x30x7 Kupplungsdeckel, 1xD17x28 Kurbelwellen- Dichtring außen rechts und Abtriebswelle rechts (Ritzel)]
Die etwas besseren Simmerringe haben heute zusätzlich zur „normalen Dichtlippe“ noch eine Staubschutz- Dichtlippe, die also noch schützend wirkt.
Kolben- Zylinder- Garnitur (mit allem Zubehör- Kolbenbolzen, Anlaufscheiben, Kolbenringe, Sicherungsringe…)
Scheibenfedern (3×2,7 und 2×3,7))
alle Sicherungsbleche (Primärritzel, Kupplungskorb, Kettenrad- bitte neu (!) und nicht diese zerbogenen alten weiterverwenden…)
Schraubensatz (so der alte nicht mehr tauglich ist bzw. man vielleicht auf INBUS- Schrauben umrüsten möchte)
So. Naja, dazu kommt dann eben noch ein Haufen Kleinkram- sei es das Getriebeöl, mal ein bisschen Flüssigdichtung, neue U- Scheiben, Kabeldurchführungen und und und.
Demontage der alten (damals eingeklebten) äußeren Wellendichtringe.
Bei der Demontage des Motors fielen uns dann gleich die ersten Lagerkugeln in den Schoß- das Lager der Abtriebswelle links hatte ich also aufgelöst und den Verdacht eines Lagerschadens bestätigt. Ich hatte mich nur gewundert, warum die Druckpunkte für die Schaltung sich ständig verändert haben.
Wie man sieht- das Abtriebswellenlager links ohne Kugeln. Ist schon komisch, dass bis zum Schluss doch alles irgendwie funktioniert hat ;). Undkaputtbare Technik eben.
Also ging es jetzt richtig los- alle Deckel ab, Schrauben lose, Primärtrieb auseinandergebaut, Zündung und Ritzel ab. Jetzt kommt der schwerste Teil der ganzen Übung, so denn man keinen Abzieher hat: das Trennen der Motorhälften ohne bleibenden Schaden zu hinterlassen.
So sollte ein Verbrennungsraum aussehen: schöne Rehbraune Farbe. Das zeugt von einer gut eingestellten Zündung und des richtigen Gemisches/ Öls.
Hat man pech, ist das nur schwer möglich weil die Kugellager (bzw. Wellen) so in ihren Sitzen verankert sind, dass man alles nur mit großen Aufwand trennen kann.
Also- Abzieher oder Gummihammer und den Getriebeblock unter den Arm genommen und rechts und links zarte Klopfer aufs Gehäuse. Irgendwann löst sich das Ganze schon. Vorallem wenn man die Lager sowieso erneuert, ist das Geklopfe für die Laufflächen auch nicht so schlimm.
Hat man dann alles endlich auseinander, so legt man den Motor am besten auf die Seite der Kupplung- damit nicht gleich alles rausfällt. Aber Achtung: vorher die Kupplungsbetätigungs- Bolzen aus der Hohlwelle nehmen, nicht das die runterfallen und weg sind.
Nun kann man nach bestem Wissen und Gewissen die Kurbelwelle herausdrücken, die Getriebewellen entfernen (Bilder machen oder aufzeichnen wie welche Hülsen, Ritzel, Räder, Schaltgabeln etc. positioniert waren- sonst hat man später echt Kopfschmerzen) und dann kann man sich an den eigentlichen Lagerwechsel machen.
Einigermaßen zu erkennen: alle Gangräder nebst „Schaltkulisse“ und den beiden Schaltgabeln.
Zunächst (zumindest wo sie vorhanden sind) die Sicherungsringe der Lager entfernen und auch merken, wo welche Distanzscheiben für die Lager verbaut waren.
Dann entweder den Bereich jedes einzelnen Lagers mit einer Heizpistole erwärmen oder die ganze Motorhälfte in den Backofen/ Heizplatte legen. Aber Achtung: nicht zu warm machen, wegen den Gefügeveränderungen im Aluminium. Mit einem jeweils passenden Schlagdorn oder ggf. Hohldorn oder alten Lagern kann man die Lager dann aus ihrem Sitz schlagen. Vorsicht beim Anfassen danach- nicht das die Lager auch warm geworden sind ;-)!
Hier mussten wir mit einem etwas festgesetzen Lageraußenring kämpfen.
Ist alles entfernt, die Gehäusehälften gereinigt und sonst alles vorbereitet, kann man das gute Stück wieder zusammensetzen. Also: alle neuen Lager ihren Plätzen im Getriebe zuordnen und ebenfalls durch Erwärmen der Hälfte mit einem Dorn einschlagen. Achtung bei den Kurbelwellenlagern „6303“- die haben einen sehr festen Sitz (bzw. eine enge Passung) und dürfen sich beim Einschlagen nicht verkanten.
Man kann (wir haben es nur mit der Kurbelwelle gemacht) auch die Lager vorher Abkühlen- im Eisfach oder, wenn man darüber verfügt, Eisspray. So hat man zwei positive Effekte- die Hülle dehnt sich aus uns das Lager zieht sich zusammen: leichtere und lagersitzschonende Montage.
Balsam für die Seele: ein komplett neu gelagerter und gedichteter Motor.
Sind die Lager alle an Ort und Stelle, kann man sich um die Kurbelwelle kümmern. Diese wird zunächst in die linke Gehäusehälfte eingesetzt. Dieses einsetzen ist recht kompliziert- weil die Passung Welle/ Lagerinnenring sehr stramm ist. Dabei ist noch zu ermitteln (eigentlich schon vorher, also beim Einsetzen des Lagers), welche Lagerscheiben zu verwenden sind- dazu wir der Abstand Lager <-> Dichtfläche gemessen (siehe Fachliteratur). Nun also: Lagerinnenring erwärmen (z.B. mit vorher gedrehtem Heizpilz) und die Kurbelwelle abkühlen (z.B. Gefrierfach), Simmerring vor das Lager eindrücken (Auf die Seite der Dichtlippe achten!) und dann die KW auf der linken Seite montieren. Wir haben es mit leichten Schlägen gemacht, normalerweise nutzt man dazu eine „Einzugsvorrichtung“ um die KW dabei möglichst wenig zu beschädigen.
Jetzt kommt bloß nicht mit „Ordnung am Arbeitsplatz“- macht das mal selbst, dann weiss man was man alles ständig und gleichzeitig braucht^^.
Jetzt, wenn die KW montiert ist, kann man den Rest des Getriebes montieren. Eigentlich erfolgt alles nach dem selben Prinzip- Lagerinnenring anwärmen, Welle abkühlen und montieren. Das hört sich alles so einfach an, aber das ist wirklich eine kleine Herausforderung. Es soll ja ordentlich werden und irgendwann auch wieder funktionieren.
Ist alles montiert, sollte man für den späteren „Kaltstart“ alles etwas einölen, damit nichts trocken läuft und fressen/festgehen könnte.
Jetzt wird’s nochmal aufregend: alle Schrauben sortieren und an die richtige Stelle legen, die Dichtung sehr sorgfältig auflegen und nochmals alles kontrollieren. Nichts vergessen? Distanzscheiben, Zahnräder, Federn etc.? Alles wie vorher?
Wir mussten leider unsere Dichtung anpassen und etwas „erweitern“- wir hatten nämlich nur noch S50- Dichtungsmaterial, dass bei dem alten M54- Motor nicht ganz einwandfrei passt. Also ist es zweckmäßig, doch eine Tube Flüssigdichtmittel auf Tasche zu haben.
Bei der KW –rechte Seite- auf den Wellendichtring und die Ölleitscheibe achten. Nun geht’s wieder los: Lagerinnenringe anwärmen und Wellen abkühlen. Dann die Gehäusehälften aufeinandersetzen und zusammenfügen- Klopfen, Drücken, Schrauben und alles durcheinander. Und hoffen, dass alles passt und es keine Komplikationen gibt.
Ist dann letztlich alles zusammen, muss man u.U. noch die ein oder andere Welle freischlagen- also axiale Verspannungen entfernen. Dazu ist es auch zuträglich, den Motor nach dieser Montage gänzlich zu erwärmen und etwas setzen zu lassen.
Damit waren wir nun also endlich fertig- die Motorhälften waren wieder zusammen, Lager und KW gewechselt und Dichtungen erneuert.
Und der Anblick ist vielversprechend. Alles sauber und wieder montiert.
Nun geht’s in großen Sprüngen weiter: den Primärtrieb montieren, Kolben und Zylindergarnitur aufsetzen. Dabei auf ordentliche Kolbenringmontage, Richtung des Kolbens usw. achten. Wir haben die Zylinderkopfmuttern noch mit etwas Kupferpaste versehen, damit diese durch Korrosion später nicht so sehr beschädigt werden.
Hat man alles so weit- nur noch die äußeren Wellendichtringe montieren, Zündung einstellen (am besten mit Messuhr), Kettenritzel anbauen und auf der Kupplungsseite Deckel, Schaltmechanismus usw. montieren.
Sehr pfiffig ist die Veränderung der Zylinderkopfschrauben mit einem etwas längeren Gewinde. Das sichert die Kraftübertragung und ist Garant für etwas mehr Sicherheit bei der Dichtheit. Und wie man sieht: alles aus einer Hand- die Zünduhr ist aus dem Feinmessgerätewerk in Suhl *smile*.
Ist man dann endlich so weit, dass alles stimmt und wieder an seinem Platz ist, kann der Motor auch wieder eingebaut werden.
Je nach dem, was alles erneuert wurde ist natürlich die Fahrweise dementsprechend anzupassen. Wir haben hier Lager, KW und Kolben-Zylinder erneuert, also ist ein etwas verhaltenes Fahren mit niedrigen Drehzahlen und einem angereichertem Gemisch empfehlenswert. Es muss sich ja zunächst alles aufeinander Einstimmen und Einlaufen.
Endmontage.
Jedenfalls haben wir bei dieser Aktion wieder vieles erlebt und gelernt, so oft haben wir einen Motor auch noch nicht instandgesetzt. Man sieht immer vieles, liest vieles- aber wenn man es selbst mal gemacht hat, weiss man eigentlich erst, was Sache ist. Da fehlt es hier an Werkzeug, da an gutem Rat, dann klemmts hier und da.
Wir haben auch Fehler gemacht und konnten den ganzen Motor wieder demontieren und nochmals auseinanderbauen. Ein Gangrad haben wir falsch montiert- es passte leider in beiden Richtungen einwandfrei. Deswegen meinte ich auch, man soll sich das aufzeichnen oder Bilder machen- es erspart einem eine Menge Mühe, Zeit und Arbeit. Vorallem muss man bei eventuellen Unstimmigkeiten nicht erst stundenlang die Fachliteratur wälzen.
Es gilt Dank:
Für die Hilfe beim Aus- und Einbau sowie der einzelnen Arbeitsschritte und der Besorgung des Lagers 6302 sowie einiger seelischer Unterstützung beim Fehler mit dem Gangrad ;-)- Maddi.